Autor :Tanja Kammermann
Bildrechte Simon Cattin
«Umweltmanagement hört nicht auf, wenn ich am Abend heimgehe»
Caroline Bagnoud setzt sich seit 40 Jahren dafür ein, dass Schweizer Unternehmen umweltfreundlicher werden. Warum für die Pionierin für Umweltmanagement ein wenig Umweltschutz manchmal genug ist und warum sie noch immer für das Thema brennt, erzählt Sie uns hier.
Caroline Bagnoud begleitet Unternehmen, seit es Umweltmanagement in der Schweiz gibt (also 90er Jahre!) - und sie ist noch immer nicht müde, was den Schutz der Umwelt angeht. Das fasziniert mich. Woher kommt diese Energie für dieses unermüdliche-sich-Einsetzen für die Umwelt und für Nachhaltigkeit?
Caroline Bagnoud, sie sind seit 40 Jahren Beraterin für Umweltmanagement und Auditorin für ISO 14001, also die Zertifizierung von Umweltmanagementsystemen. Warum liegt ihnen die Umwelt so besonders am Herzen?
Caroline Bagnoud: Ich wurde bereits in meinem Geografie-Studium in den 80er Jahren mit dem Thema konfrontiert, wir sprachen schon damals über den Klimawandel. Jetzt, 40 Jahre später, sind wir noch nicht viel weiter. Und die Natur gibt uns so viel: An Schönheit, an Erholungsraum, sie bietet eine Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Darum ist es mir wichtig, die Umwelt möglichst zu schützen und zu erhalten.
Werden Sie niemals müde oder sind frustriert, wie es aktuell läuft punkto Umweltschutz?
Nein! Wir müssen etwas tun. Wir haben zwei Kinder, die sind 23 und 25 Jahre alt, denen ist es wichtig, wie es mit der Welt weitergeht. Für mich reichen die Ressourcen vermutlich noch, in einigen Jahrzehnten sieht das jedoch vielleicht anders aus. Ich glaube sehr an die Technik, viel werden wir dank ihr hinbekommen. Technische Massnahmen sind jedoch in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Wir können zum Beispiel den Boden und die Gebäude im Hochgebirge stabilisieren, weil das Eis im Boden mit der Klimaerwärmung auftaut. Diese baulichen Massnahmen sind kostenintensiv - das sollte uns doch motivieren, unser Verhalten möglichst rasch anzupassen.
Wie fing das Thema Umweltmanagement in der Schweiz eigentlich an?
1996 wurde die ISO-Norm «Umweltmanagement» erstmals publiziert und wir begannen mit einem kleinen Team, uns mit dem Thema zu befassen. Das war komplett neu. Plötzlich war Bedarf da und wir begannen, Firmen zu beraten, die ein Umweltmanagement aufbauen wollten. Oder versuchten es, denn das Papier existierte zwar, doch das Ergebnis im Sinne eines Umweltmanagementsystems war allen Akteuren noch nicht wirklich bekannt. Anlässlich der Zertifizierungen dieser Firmen kam ich in Kontakt mit der SQS und startete mit Audits in Umweltmanagement.
Welche Firmen liessen sich Ende der 90er Jahr bereits ISO 14001 zertifizieren?
In den Anfangszeiten waren es Firmen mit grossen Auswirkungen auf die Umwelt, die sich zertifizieren liessen: Papierfabriken zum Beispiel. Produktionsintensive Unternehmen, die ihre Belastungen reduzieren wollten.
Was ist der Kern der ISO 14001-Zertifizierung in ihren Worten?
Das zentrale ist die Verbesserung der Umweltleistung eines Unternehmens. Es ist nicht ein Managementsystem, das man etabliert und dann ist gut. Sondern es wird erwartet, dass man Emissionen etc. reduziert. Man verpflichtet sich, die Umweltleistungen zu verbessern. Zu starten und dranzubleiben. Man kann keine zwei Firmen vergleichen, weil sich die Unternehmen die Ziele selbst setzen. Man weiss nie, wo der andere gestartet ist. Und es ist immer die oberste Führung, die diese Verpflichtung eingeht. Das ist sehr wichtig.
«Es ist nicht ein Managementsystem, das man etabliert und dann ist gut. Sondern es wird erwartet, dass man seine Umweltleistungen verbessert. Zu starten und dranzubleiben.»
Caroline Bagnoud
Beraterin für Umweltmanagementsysteme und Auditorin
Welche Aspekte sind ihrer Meinung nach am schwierigsten umzusetzen?
Technische Anpassungen und Einrichtungen sind einfach umzusetzen. Schwierig ist es, das Verhalten zu ändern. Das machen wir Menschen nur, wenn es weh tut. Es muss euch gelingen, die Mitarbeitenden zu motivieren. Ein Vorher und Nachher aufzeigen, Verbesserungen sichtbar zu machen, Informationen bieten, Anreize oder Wettbewerbe durchführen. Das Thema Nachhaltigkeit positiv besetzen, es muss Spass machen. Umweltmanagement hört ja nicht auf, wenn ich am Abend heimgehe. Das ist eine Chance als Firma, dass die Mitarbeitenden das Weitertragen und es auch in ihrem privaten Umfeld umsetzen.
Welches sind ihre Lieblingskunden im Zusammenhang mit ISO 14001?
Alle, die das Thema ernsthaft angehen und mit Herzblut dabei sind und nicht nur das Papier wollen. Manchmal sind es kleine Dinge. Als Auditorin gehe ich ja jedes Jahr wieder bei den Kunden vorbei. In einer Firma standen beispielsweise jeweils Plastikbecher für den Kaffee bereit. Dann zeigte ich ihnen: Jetzt sprechen wir über Umweltmanagement, trinken einige Minuten Kaffee aus einem Plastikbecher und schmeissen ihn dann weg. Das ist nicht glaubwürdig für mich. Und wenn ich das nächste Mal komme und sie mir stolz die Kaffeetassen aus Porzellan zeigen, freue ich mich sehr. Zu sehen, dass ein Prozess stattfindet.
Die Zertifizierung gibt es seit 1996, und sie wurde mehrmals weiterentwickelt. Welches sind die wichtigsten Entwicklungen hier?
Wenn ich ein Produkt entwickle oder eine Dienstleistung erbringe, dann habe ich Auswirkungen auf die Umwelt, aber vorher passiert schon etwas und danach werden die Produkte eingesetzt. Seit 2015 verlangt die Norm, dass der ganze Lebensweg angeschaut wird. Das heisst, auch ich als Firma muss den gesamten Lebenszyklus meines Produktes bzw. meiner Dienstleistung anschauen und im Verbesserungsprozess berücksichtigen. Jeder soll dort, wo er kann, das Möglichste machen. Sich also fragen: Wo habe ich eine Wirkung, wo kann ich Einfluss nehmen.
«Jeder soll dort, wo er kann, das Möglichste machen. Sich also fragen: Wo habe ich eine Wirkung, wo kann ich Einfluss nehmen. »
Caroline Bagnoud
Laut dem Swiss Software Industry Survey 2023 haben erst wenige Softwareunternehmen klare Ziele und Messmethoden für Nachhaltigkeit definiert. Haupttreiber für das Thema sind die Kunden. Viele vergeben ohne Nachhaltigkeitszertifikate keine Aufträge mehr. Spüren Sie das?
Softwarefirmen hatten bisher weniger Druck, was Nachhaltigkeit angeht, das ist richtig. Doch die Zertifizierung hat nicht nur eine externe Wirkung, sondern auch einen internen Nutzen, weil man Geld sparen kann, wenn man Ressourcen einspart. Hier seien die hohen Strompreise erwähnt. Die ganze Industrie ist längst ISO 14001 zertifiziert. Jetzt ziehen auch die Dienstleister nach. Unter anderem auch, um gute Mitarbeitende zu gewinnen, nützt ein Umweltmanagementsystem. Das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit hat gerade bei der jüngeren Generation an Bedeutung gewonnen. Eine ISO 14001 Zertifizierung kann mich als Arbeitgeber positiv auszeichnen.
Das heisst, viele wollen eine ISO 14001 Zertifizierung, weil sie sonst keine Aufträge mehr bekommen?
Natürlich gibt es Firmen, die auf Druck von Kunden einfach das Zertifikat und den Stempel wollen. Man kann durchaus versuchen sich auf tiefem Niveau etwas zu verbessern. Ob man so einer Firma wirklich das Zertifikat wegnimmt? Ich glaube es nicht. Es ist jedoch nicht glaubwürdig. Ich als Anspruchsperson einer Firma würde hier genauer hinschauen und wissen wollen, welchen Beitrag sie wirklich leisten. Aber man kann davon ausgehen, dass sich Firmen, die sich zertifizieren lassen, verbessern müssen. Ich sehe es durchaus positiv. Lieber die machen das, als sie machen nichts.
Die GLAUX GROUP lässt sich per Ende 2023 ISO 14001 zertifizieren. Welche Rolle haben Sie in diesem Prozess?
Ich durfte euer Projektteam für Umweltmanagement beim Aufbau des UMS (Umweltmanagementsystems) begleiten. Ausgehend von einer GAP-Analyse haben wir mehrere Workshops gemacht und daraus zum Beispiel die relevanten Umweltaspekte ermittelt. In einem Projektplan haben wir festgehalten, wann woran gearbeitet wird, die Reviews der Arbeiten machten wir per Teams. Ich habe Zugang zu eurem System, dort konnte ich anschauen, was erarbeitet wurde. Mitte November machte ich ein internes Audit, das war wie eine Hauptprobe. Diese lief gut (lächelt). Aber ich bin nur beratend zur Seite gestanden, habe euch befähigt, das Umweltmanagementsystem aufzubauen. Ihr macht das jetzt selbst.
Welche Umweltaspekte sind denn relevant für die GLAUX GROUP?
Die grössten Themen sind der Stromverbrauch der IT und die Hardware, die aus wertvollen Ressourcen besteht und später zu Abfall wird. Das heisst für euch konkret: weniger Stand-by Strom verschwenden und die Hardware länger einsetzen. Bei weiteren Aspekten wie zum Beispiel dem Verhalten der Mitarbeitenden (Pendeln, Verpflegung etc.), müssen zuerst Messgrössen erarbeitet werden, damit ihr euch hier verbessern könnt. Als konkretes Ziel habt ihr euch deshalb gesetzt, im 2024 die Angaben betreffend den Arbeitsweg der Mitarbeitenden zu erheben. Dies ist dann eine wichtige Grundlage, um konkrete Ziele und Massnahmen zur Verbesserung der Umweltleistung festzulegen.
Wie könnten diese Massnahmen denn aussehen?
Ihr könntet z.B. nur wenige Parkplätze anbieten oder Kosten von ÖV-Abos vergünstigen sowie die Mitarbeitenden motivieren, auf das Auto zu verzichten – wieso nicht mit einem Wettbewerb. Was die IT betrifft, werdet ihr Regelungen zur Nutzung der EDV erarbeiten. Hier spielt euer neues Umweltteam eine zentrale Rolle. Es setzt sich aus motivierten Mitarbeitern zusammen und sie bringen auch das entsprechende Knowhow mit. Und vor allem ist es ihnen ein echtes Anliegen, konkret etwas beizutragen. So soll zum Beispiel auch das Abfallkonzept erweitert werden. Eine weitere konkrete Massnahme zielt darauf ab, den Wärmeverbrauch für die Heizung zu reduzieren – hier ist wieder das Verhalten von euch allen gefragt. Dann gibt’s einen zweiten Teil: Umwelt soll ein Aspekt in allen Unternehmensbereichen sein. Also im Verkauf, in der Projektarbeit, in der Administration. Es soll überall einfliessen.
Was könnte ein nächster Nachhaltigkeitsschritt für die GLAUX GROUP sein?
Nachhaltigkeit ist viel mehr als nur Umweltschutz. Soziale Nachhaltigkeit oder nachhaltiges Wirtschaftswachstum zum Beispiel, hier gibt es noch viele Möglichkeiten, sich zu verbessern. Es kann Sinn machen, sich an den sogenannten SDGs (17 globale Nachhaltigkeitsziele) zu orientieren. Mit eurem UMS habt ihr dazu eine tolle Grundlage geschaffen.
Die GLAUX GROUP ist seit Dezember 2023 ISO 14001 zertifiziert. Unser dreiköpfiges Umweltteam treibt das Thema mit Leidenschaft voran.
Was tun wir bereits: Wir heizen mit Fernwärme, messen die Raumtemperatur, haben einen Teil des neuen Entsorgungskonzepts umgesetzt, beziehen Strom aus 100% Wasserkraft und haben Mischdüsen zur Verringerung des Warmwassers installiert. Zudem unterstützen wir das SBB Halbtax-Abo oder zahlen einen Umweltbeitrag.
Im Intranet erhalten die Mitarbeitenden Informationen, wie sie im Arbeitsalltag ihren Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten können. Zudem finden sich dort 21 Punkte, wie die Mitarbeitenden auch im privaten Umfeld nachhaltiger leben können. Doch wir haben punkto Nachhaltigkeit noch viel vor uns!
Alle News und Blogbeiträge der GLAUX GROUP
Mitarbeitendenporträt Mathias Ardelt
In den letzten 13 Jahren hat sich Mathias Ardelt vom Softwareentwickler zum Geschäftsleitungsmitglied bei Printcom hochgearbeitet.
Gina Tagung 2024: «Digitalisieren, wo es sinnvoll ist»
Am 22. Oktober trafen sich rund 75 Vertreter:innen aus dem Justiz- und Massnahmenvollzug aus 16 Kantonen an der Gina Tagung 2024 in Bern, um über die Digitalisierung des Schweizer Justizvollzugs zu diskutieren.
Mitarbeitendenporträt Xenia Moix
Xenia Moix ist Projektleiterin bei socialweb. Früher wollte sie die Welt retten, heute unterstützt sie soziale Institutionen bei der Vereinfachung ihres Alltags.
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